Der FC Postbank München besichtigte am 30.01.16 die Bayerische Staatsoper.
Wie immer hat Herbert Wehr die Organisation zu diesem Event übernommen:
Am Samstag in der Frühe, nämlich schon vor 9 Uhr traf sich eine Gruppe von ca. 50 Personen mehr oder weniger ausgeschlafen am Nordeingang der Bayerischen Staatsoper. Der Kommentar von Renate (nicht mehr aktiv bei der Postbank dabei) „Du bist des frühe Aufstehen doch g‘wohnt“ half mir auch nicht weiter, um richtig wach zu werden. Nachdem wir so viele waren, wurden 2 Gruppen à 25 Personen gebildet. Unsere Führerin, die Agnes, hat uns eine kurze Einweisung hinsichtlich Garderobe, Toiletten und Fotografiererlaubnis gegeben. Kurz nach 9 Uhr, wir mussten noch auf zwei Nachzügler warten, begann dann der Rundgang. Nach wenigen Metern wurde auch schon halt gemacht.
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Zuerst vermittelte uns die Agnes die geschichtlichen Hintergründe der Oper.
Während der Säkularisation im Jahre 1803-1806 wurden viele Klöster und Kirchen enteignet und zum Teil sogar abgerissen. Durch das Verschwinden der kirchlichen Bauten in der Innenstadt ergaben sich viele Freiflächen im Stadtzentrum. Im Auftrag von König Max I. von Bayern, der sich ein eigenes Opernhaus in München gewünscht hatte, wurden 1811 die Bauarbeiten zu dem riesigen Gebäude begonnen. Ein sehr junger Architekt, nämlich Karl von Fischer wurde hier mit der Gestaltung der Oper beauftragt. Er hatte den schönsten Entwurf eingereicht. Nach einer längeren Bauzeit wurde die Bayerische Staatsoper fertiggestellt. Leider war die Freude über ein eigenes Münchner Opernhaus nur von kurzer Dauer. Im Januar 1823 hat ein Brand alles komplett vernichtet. Damals wurde hauptsächlich mit Holz gebaut und da alles mit Kerzen beleuchtet und eben auch die Bühne so ausgeleuchtet wurde, kann man sich vorstellen, dass es bei Theateraufführungen leicht mal zu einem Brand gekommen ist. Das Löschen gestaltete sich damals ebenfalls als schwierig, da die Feuerwehr sich das Wasser über die umliegenden Brauereien besorgen musste.
Bald nach dem Brand wurde mit dem Wiederaufbau der Staatsoper begonnen. Den ursprünglichen Architekten, konnte man leider nicht mehr verpflichten, da Karl von Fischer bereits im frühen Alter von 40 verstorben ist. Wahrscheinlich hat ihn der Bau der Oper über diesen langen Zeitraum so sehr beansprucht. Bereits 2 Jahre später wurde das Gebäude unter der Leitung des Architekten Leo von Klenze wieder aufgebaut.
Dabei hatte man sich an die Pläne von Karl von Fischer gehalten. Da man aus dem letzten Brand gelernt hatte, wurden ein eiserner Vorhang, der die Bühne schützen sollte, sowie ein Wasserrohr über der Bühne angebracht. Mit diesen Vorsichtsmaßnahmen sollte ein weiterer Brand vermieden werden. Blöderweise hat es dann wieder gebrannt. Und weil der eiserne Vorhang nie getestet wurde, war dieser völlig eingerostet, so dass die Eisenwand sich nicht herunterfahren ließ. Und das rettende Wasser aus dem Rohr über der Bühne war leider winterbedingt eingefroren. Es wurden verzweifelte Rettungsversuche mit dem angelieferten Wasser aus einer nahegelegenen Brauerei unternommen, doch leider kam hier jede Hilfe zu spät und das Gebäude brannte wieder komplett ab.
Während des 2. Weltkriegs wurde das Opernhaus erneut völlig zerstört. 1951 gründeten einige opernbegeisterte Münchner Bürger den Verein „Freunde des Nationaltheaters“ um sicherzustellen, dass das im Krieg zerstörte Nationaltheater wieder im historischen Stil errichtet wird. Damals war ein großer Teil der Münchner Altstadt in Schutt und Asche gelegen und es gab wenig intakte öffentliche Einrichtungen. Der Verein sammelte ungefähr 8 Millionen Deutsche Mark. Die restlichen Baukosten von 54 Millionen Mark hat dann die Staatskasse geleistet. Die Wiedereröffnung des im klassizistischen Stil gehaltenen Theaters erfolgte am 21.11.1963.
Nach einem Rundgang durch das Foyer und verschiedene Säle hat die Agnes weitererzählt.
Ludwig II. von Bayern war bereits mit 19 Jahren von der Musik von Richard Wagner so sehr begeistert, dass er den hoch verschuldeten Musikkomponisten Wagner nach München geholt hat. Er stellte Richard Wagner in der Nähe der Oper eine Wohnung zur Verfügung und kam auch sonst für alles auf. Somit hatte dann Herr Wagner die Muße gehabt, zu komponieren und seine Opern aufzuführen, ohne sich um finanzielle Dinge kümmern zu müssen.
Die Affäre mit (seiner späteren Frau) Cosima von Bülow beendete nach nur 2 Jahren vorzeitig den München-Aufenthalt des Komponisten. Cosima war nämlich mit dem Hofkapellmeister Hans von Bülow verheiratet. Dass eine verheiratete Frau und ein vom König geförderter Künstler eine der Öffentlichkeit bekannte Beziehung unterhalten, war anno 1865 ein absolutes „no go“. Also musste Richard Wagner die bayerische Landeshauptstadt verlassen. Einige von Wagners Opern, „Die Meistersinger von Nürnberg“, „Tristan und Isolde“, „das Rheingold“ und „die Walküre“, wurden in München aufgeführt.
Der Münchner Komponist Richard Strauß war dem Nationaltheater, wie die Oper auch heißt, längere Zeit verbunden als Richard Wagner. Strauß hat ebenfalls viele Stücke komponiert und diese werden auch heute noch in München aufgeführt.
Die Büsten von Wagner und Strauß sind im Eingangsbereich vor dem Zuschauerraum des Theaters zu sehen. Weiter befinden sich hier etliche Gemälde von Sängern und auch Intendanten des Theaters, unter anderem von Wolfgang Sawallisch, der während seiner „Amtszeit“ das Theater mitprägte. Und ein sehr modernes Gemälde von der Sopranistin Edita Gruberova, die 2015 die „Norma“, eine Oper von Bellini gesungen hat. So eine Aufführung zählt in der gesamten Opernwelt zu den Großereignissen.
Endlich begaben wir uns über den rechten Parketteingang in den Zuschauerraum des Nationaltheaters. Agnes musste erst mal mehrere Schlüssel ausprobieren, bis sie den passenden fand. Insgesamt gibt es 2101 Plätze, davon befinden sich 900 im Parkett, die übrigen sind seitlich und oberhalb in den Rängen und einigen wenigen Logen zu finden. Das Nationaltheater ist das größte Opernhaus Deutschlands und gehört zu den 10 größten Opernhäusern der Welt. Der Raum ist in cremeweiß, Gold und Rot gehalten. Das war ein toller Anblick – und wir durften ganz nach vorne in die ersten Reihen gehen. Dort saßen wir bequem auf den roten Samtstühlen und hörten der Agnes mehr oder weniger (geredet wurde wie zu Schulzeiten) aufmerksam zu. Dabei hatten wir den Orchestergraben im Blick, der ganz in schwarz gehalten ist, und natürlich auch die Bühne, aber dazu komme ich später.
Der Raum wird von einem überdimensionalen Lüster dominiert, der sich in der Mitte des ca. 25 Meter hohen Raumes über dem Parkett befindet. Der Lüster kann 8 Meter abgesenkt werden.
So bald die Vorstellung beginnt, wird dieser komplett nach oben gezogen, damit die Zuschauer in den oberen Rängen auch eine ausreichende Sicht auf die Bühne erhalten.
Natürlich ist dieser mehrere Zentner schwere Glaslüster ausreichend gesichert, so dass man gefahrlos darunter sitzen kann.
Die wenigen Logen, die es vorne links und rechts der Bühne gibt, wurden uns ebenfalls erklärt. Rechts unten befindet sich zum Beispiel die Loge des Managements, während links unten die Loge für Mitglieder des Staatsorchesters reserviert ist.
Interessant war auch die Geschichte zur Loge der Wittelsbacher, die sich links oben in der 1. Etage befindet. Es soll ein Abkommen existieren, nachdem die Loge den Wittelsbachern gratis überlassen wird, solange die Loge täglich besetzt ist. So bald also einen Abend lang die Loge nicht besetzt ist, verfällt dieses Abkommen, so heißt es. Bisher ist noch immer jeden Abend jemand in der Loge gesessen.
Angeblich ist die Sicht auf die Bühne von allen Logen nicht besonders, aber hier geht es wohl eher um‘s gesehen werden, als um die optimale Sicht.
Den besten Logenblick hat man aber von der Königsloge, die sich ganz hinten in der 1. Etage befindet. Dies konnten wir einige Zeit später selber feststellen. Der König hatte früher einen geheimen, eigenen Zugang, der von der Residenz aus zu seiner Loge führte. Auf Grund der Brandschutzauflagen wurde beim letzten Neubau des Nationaltheaters ein neues Treppenhaus gebaut und der geheime Königsweg ging dadurch verloren.
Die Sitzplätze sind unterschiedlich teuer und nach Kategorien eingeteilt. Dann spielt noch eine Rolle, ob es sich um eine Premiere oder wiederholte Aufführung handelt und wie beliebt oder bekannt das Stück ist. Von ca. 10 Euro bis ca. 250 Euro ist hier für jeden Geldbeutel etwas dabei. Aber die sogenannten Hörer- und Partitur Plätze gibt es ab ca. 8 Euro. Diese billigen Plätze, von denen man übrigens keine Bühnensicht hat, befinden sich ganz hinten oben.
Endlich durften wir hinter die Kulissen schauen, das heißt, wir sind Richtung Bühne gegangen. Dazu mussten wir den Zuschauerraum wieder verlassen und sind in einem Gang seitlich von der Bühne gelandet.
Ab hier ist es verboten zu fotografieren oder etwas anzulangen. Einige haben sich aber nicht daran gehalten, wie ich gesehen habe. Vielleicht haben sie es auch nicht mitgekriegt, denn es wurde sich immer wieder intensiv über anderes unterhalten. Agnes hat ein paar Mal telefoniert, damit wir gefahrlos auf die Seitenbühne gelangen können, denn an diesem Morgen war scheinbar das ganze Personal mit Kulissenaufbau und auch mit Putz- und Aufräumarbeiten beschäftigt.
Agnes hat uns erklärt, dass es im Theater folgendermaßen abläuft. Am Morgen wird für eine Generalprobe am Mittag/Nachmittag aufgebaut. Danach wird alles wieder abgebaut und eine völlig neue Kulisse für das Abendprogramm aufgebaut. Man kann sich vorstellen, dass dies eine enorme logistische Herausforderung ist. Schwere Aufbauten und Wände werden da nach einem für Außenstehende nicht erkennbaren System herum geschoben und abgestellt. Andere Teile stehen einfach so in der Gegend rum und man weiß nicht, ob diese abtransportiert werden sollen oder schon an dem richtigen Platz stehen – kurzum auf der Bühne herrscht Chaos und die Beschäftigten wuseln nur so rum. Jedenfalls konnten wir einen riesigen grauen Bären auf der Bühne entdecken und weiter hinten im Gang der Seitenbühne lagen seine Arme und Beine herum. Vermutlich wurde am Vorabend ein Stück für Kinder gezeigt.
Die gesamte Bühne umfasst ca. 2300 qm, davon sehen die Zuschauer nur ungefähr 800qm. Der Rest nennt sich Seitenbühnen, hier werden links und rechts die Kulissen gelagert, die innerhalb der kommenden10-14 Tage benötigt werden. Der übrige Bühnenbereich ist einfach ein Lager für weitere Kulissen. Wir sahen die Wände von der Oper „La Boheme“. Diese Teile sind von 1968 und schon so gebrechlich, dass sie nicht mehr ohne Beschädigung abtransportiert werden können. Dies gilt auch für zwei große Glaslüster, die einfach viel zu umständlich verpackt werden müssten, damit man sie ins Lager nach Poing schaffen könnte. In Poing befindet sich auch die Kulissenmalerei. In der Innenstadt ist einfach kein Platz für so viel Inventar. Der Transport der Kulissenteile erfolgt mit riesigen LKW’s. Leider mussten wir den Bühnenbereich viel zu schnell wieder verlassen. Eins noch: es gibt zwei verschiedene Arten von Böden, den weichen für das Ballett und den normalen Boden für den Rest.
Wieder ging es hinab in den Gang und wir sahen allerlei Musikinstrumente rumstehen. Die goldenen Kuhglocken haben glaube ich, jeden begeistert. Einige mussten auch testen, wie so eine Kuhglocke klingt, jedenfalls metallisch. In diesem Gang befindet sich die Garderobe des Orchesters und der Sänger. Der Chor hat nur Haken mit Namen an der Wand, denn wenn sich eine größere Personenzahl schnell umziehen muss, bleibt keine Zeit, um in eine Garderobe zu gehen.
Hier haben wir coole Sprüche gelesen. An einer Tür stand Management des Orchesters oder so. Da hat jemand ein „Miss“ davor gesetzt. Das hat mir so gut gefallen, dass ich den Herbert angestiftet habe, schnell ein Foto zu machen. Leider hat es die Agnes gesehen und geschimpft. Herbert hat hoch und heilig versprochen, dass er nicht mehr da unten fotografiert.
„Obacht geb’n – länger leb’n“ stand an einem Treppenabgang. Die Angestellten haben demnach Humor in den Theaterkatakomben.
Als nächstes wurden wir zum Souffleusenkammerl geführt. Hier ist es richtig eng. Aber immerhin können dort gleichzeitig zwei Personen auf harten Holzstühlen sitzen und ihre Einflüsterungen von sich geben, wenn ein Darsteller einen „Hänger“ hat. Manche sprachen von Platzangst, als sie durch die schmale Kammer gingen. Nun ja, mit 1,90 ist es da drinnen nicht so gemütlich.
Ein letztes Highlight war mit Sicherheit die Maschinerie. Die technische Seite der Bühne besteht vor allem aus viel schwarzem Metall. Mittels verschiedener Vorrichtungen kann im Bühnenraum einiges bewegt werden. In erster Linie ist für den Zuschauer das Absenken einer Person von Interesse. Also, wenn man im Zuschauerraum sitzt und beobachtet, dass ein Mensch von der Bühne verschwindet, also in der Tiefe versinkt, dann steht dieser Mensch auf einem beweglichen Holz/Metallteil, das Aufzugsmäßig sinkt. In München kann nur einer auf einmal abtauchen. Es gibt allerdings auch Bühnen mit 2 Aufzügen irgendwo auf der Welt. Aber halt nicht in München. Diese Maschinerie wurde in den 90ziger Jahren neu eingebaut. In diesem Öl-Wasser-Gemisch haben sich dann Bakterien angesiedelt und die Rohre veralgt und dann ging gar nichts mehr. Alles musste erneuert werden. Man will sich nicht vorstellen, wie viel das wieder gekostet hat.
Anschließend ging’s recht zügig zurück. Da am Abend die Premiere von „South Pole“ war, durften die neuesten Kulissen auf keinen Fall fotografiert werden. Allerdings war ein Raum des Stücks für Besucher wie uns hergerichtet und so sahen wir das hölzerne Innenleben einer vermutlichen Schiffskajüte oder Blockhütte mit einigen Antarktisteilnehmern in Fellkleidung, so wie es halt damals beim Wettlauf zum Südpol üblich war. Der Raum war museumsmäßig eingerichtet mit allen damals gebräuchlichen Gegenständen.
Wir sahen noch kurz in den Orchestergraben rein und sind auch verbotenerweise darin herumgelaufen. Im Graben haben ca. 30 Personen Platz zum musizieren.
Wir machten noch einen kleinen Umweg über die schon beschriebene Königsloge, in der wir uns nur einige wenige Minuten aufhielten. Und dann ging es zurück zur Garderobe, unserem Ausgangspunkt.
Insgesamt haben wir in knapp 75 Minuten irrsinnig viel über die Oper erfahren und wunderschöne schlossähnliche Räume gesehen. Bei dem ganzen treppenauf- und treppenablaufen kam man sich wie in einem Labyrinth vor und ich hatte schon leichte Orientierungsprobleme mit den verschiedenen Stockwerken. Es gibt hier keine Fenster, so dass man rausschauen könnte. Jedenfalls waren etliche opernbegeisterte und solche, die es werden wollen mit dabei. Und wir hatten mit der Agnes, die übrigens Kulturmanagement studiert und nur nebenbei die Führungen macht, eine sehr sympathische und gut informierte Führerin.
Wer jetzt noch mehr wissen will, der soll halt selber hingehen und so eine schöne Führung mitmachen wie wir sie hatten.
Es grüßt euch/Sie ganz herzlich.
Petra Führmann
P.S. Mit der Spielzeit 2013/14 übernahm Kirill Petrenko den Posten des Generalmusikdirektors. Er gab mit Richard Strauss’ Die Frau ohne Schatten seinen Einstand.